Donnerstag, 23. Mai 2013

1750 - Riesen-Geschichte, oder: Kurzweilige und nützliche Historie von König Eginhard aus Böhmen


Betrifft: Entführung der Kaisertochter aus dem strengen Kloster Obermünster in Regensburg

Riesen-Geschichte, oder: Kurzweilige und nützliche Historie von König Eginhard aus Böhmen, wie er des Kaisers Otto Tochter aus dem Kloster bringen lassen, und hernach viel Unglück im Königreich zu Böhmen entstanden ist:

Item: Wie die grossen Riesen dasselbe Königreich überfallen ... : Alles sehr nutzlich und Lehrreich beschrieben (Google eBook)

Link: Riesen-Geschichte, oder: Kurzweilige und nützliche Historie von König ... - Leopold Richter - Google Books

1750


Auch als Kapitel in: Volksbücher, Band 6, Gotthard Oswald Marbach, 1838
http://books.google.de/books?id=9qUFAAAAQAAJ&pg=RA1-PA7&dq=oberm%C3%BCnster&hl=de&sa=X&ei=zsqdUa-PGsjwtQbErIDgDA&ved=0CF0Q6AEwCTgU#v=onepage&q=oberm%C3%BCnster&f=false

Sekundärliteratur:



Xeno.org; Buch von Görres aus 1925 über die Volksbücher und speziell über diese Geschichte:

Görres, Joseph, Theoretische Schrift, Die Teutschen Volksbücher, 13. - Zeno.org


Riesengeschichte, oder kurzweilige und nützliche Historie vom König Eginhard aus Böhmen, wie er des Kaysers Otto Tochter aus dem Kloster bringen lassen, und hernach viel Unglück im Königreich Böhmen entstanden ist. Item wie die großen Riesen dasselbe Königreich überfallen, und was vor wundersamer Streit mit ihnen vorgegangen. Auch wie der Ritter Julius die königliche Tochter sich zu einem ehlichen Gemahl erworben, und durch seine ritterlichen Thaten endlich das Königreich an sich gebracht hat. Alles sehr nützlich und lehrreich beschrieben von Leopold Richtern, gebürtig zu Lambach in Oberösterreich. Gedruckt in diesem Jahr. Nürnberg.

Der Herausgeber sagt, er habe dieß Buch auf einer Reise in einem einsamen Schlößlein an der Nabe aufgefunden, und solches den ehrsamen Junggesellen, absonderlich aber dem tugendsamen Frauenzimmer zu Lieb an den Tag bringen wollen. Der Dichtung aber liegt eigentlich der folgende Vorgang aus der böhmischen Chronik zu Grunde:

Gegen das Jahr 1009 machte Herzog Ulrich sich einmal zur Sommerszeit[206] auf, und ritt in weiten Wald auf die Jagd; er kam zu fern von seinen Dienern, verirrte sich, band sein Roß an, stieg auf eine hohe Fichte, und ward auf einem Berge eines Schlosses gewahr. Er machte sich mit seinem Schwerdte Bahn bis zu ihm hin, und fand das Schloß unbewohnt, die Zugbrücken aufgezogen, stieg hinein, die Gewölbe waren mit Wein gefüllt, und in den Zimmern fanden sich viel Harnische und vermoderte Kleider. Als er nach Drschtka zurückkam, und sich darnach erkundigte, kannte niemand die Existenz des Schlosses, und da bat ihn einer seiner Diener, Namens Przym, um das Schloß, und er belehnte ihn damit, und es heißt Pzimda bis auf den heutigen Tag. Es hatte aber, wie die teutschen Chronicken sagen, diese Bewandtniß mit dem gefundnen Schloß: Heinrich der Erste regierte 920 und hatte eine schöne Tochter Helena, die Albertus, ein Graf von Altenburg, freyte; da aber Beider Stand zu ungleich war, verkaufte er seine Grafschaft dem Kaiser, und suchte in der Wildniß einen gelegenen Ort zur Ausführung seiner Pläne. Er kam an jene Stelle, ließ den Wald ausreutten, und das Schloß erbauen, das er dann auf viele Jahre proviantirte mit Nahrung, Gewehren und Geschoß. Dann berief er alle Arbeiter und ander Gesinde in eine Stube vor dem Schlosse, versperrte sie aufs härteste, und zündete das Gebäude an, daß sie Alle verbrannten, damit niemand von der Existenz des Schlosses etwas erführe. Er gieng dann wieder an Kaisers Hof, und diente wie zuvor. Bald entführte er mit ihrem Willen des Kaisers Tochter, sie saß hinter ihm auf sein Roß, und zusammen ritten sie in den Wäldern lange in der Irre, bis sie das Schloß endlich erblickten, da giengen sie hinein, und lebten miteinander in Freuden. Das geschah Anno 925. Nach fünf Jahren aber hielt der Kaiser Hof in Regensburg, er verirrte sich gleicherweise auf der Jagd bei einem Nebel, ritt eine Weile an einem Flüßchen aufwärts, und sah endlich ein Schloß auf einem Berge; er drang mit Mühe heran, und kam endlich gegen Abend vor das Thor. Er rief und schrie mit Macht, weil er in drei Tagen nichts gegessen, und vom kalten Regen schier naß geworden war. Helena wurde begierig wieder einen Menschen zu sehen, und lief heraus; sie beriethen sich unter einander, und endlich ließen sie den Bittenden herein, da sie ihn nicht kannten, weil er sich in den fünf Jahren Haar und Bart wachsen lassen. Er aber kannte sie wohl, und gab sich auf Befragen für einen Ritter von Hungarn aus. Helena fragte ihn um den Kayser, und er berichtete ihr, er sey seit einem Jahre schon gestorben; und als sie darüber ihre Freude bezeigte, fragte er: und wenn ihr den Kaiser löblicher Gedächtniß, sowohl in euerer Gewalt, als ihr mich habt, bekämet, wie wolltet ihr ihn aufnehmen? Dem antwortete sie: ich wollt es mit meinem Liebsten dahin bringen, daß er den Morgen nicht erleben sollt. Der Kaiser zog am Morgen ab, nahm Ort und Gelegenheit wahr, wurde in Regensburg mit Freuden empfangen, versammelte viel Volks, das er mit Holzäxten bewaffnete, ließ Wege durch den Wald hauen, rückte vors Schloß, und als der Graf hervorkam und nach dem Urheber des Getümmels fragte, ward ihm zur Antwort, der Kaiser welcher das Brod mit euch gessen, hat befohlen, daß wir euch und seiner Tochter auf Tod und Leben absagen sollen. Der Graf wehrte[207] sich, aber weil alle Armbruste vermodert waren, nur mit Steinen. Helena drohte sich zu ermorden. Der Kaiser ließ sich endlich besänftigen, als sie ihm selbst zu Fuße fielen und um Gnade baten; sie zogen mit gegen Regensburg, nachdem sie das Schloß beschlossen, das Frauenberg heißt, und das denn Ulrich in der Folge gefunden. Dies geschah 930. Böhmische Chronica Wenceslai Hagecii S. 131–133. Auch die Chronica Bohemiae von Peter Becklern, Frankf. 1695. erzählt Kap. 6 etwas abweichend die wunderliche Geschichte Herzog Brzetislai, Udalrici Sohn, welcher ein kaiserlich Fräulein, Juttam, aus dem Kloster zu Regensburg entführt, woraus ein weitaussehendes Kriegsfeuer mit dem Kaiser entstanden, so aber bald gedämpft worden. Aus dieser Tradition ist das gegenwärtige Volksbuch mit einigen Abänderungen geworden. Die Kaiserstochter heißt Adelheit, der Kaiser selbst Otto; an die Stelle des Grafen von Altenburg ist König Eginhard getreten, das Schloß heißt Schild heiß, und die Begebenheit ist insofern geändert, daß der Kaiser den König verjagt, daß er auf jenes Schloß sich zurück ziehen muß, wo er sie in der Folge findet, ohne sie zu erkennen, während die Tochter an seinem Wehrgehenke den Vater erkennt, und nun mit dem König bei Nacht ihm zu Füßen fällt. Das Abentheuer auf dem Schlosse, und die Riesengeschichten sind eingelegt. Diese Riesen, die angeblich im Lande Kalmukey und in der Tartarey wohnten, deren König Butschko ist, und unter denen vorzüglich der Riese Scharmack sich auszeichnete, in dessen Nacken alle Monathe drei Pfund Haare wachsen, deuten ebenfalls wieder nach der allgemeinen geographischen Fabelquelle hin. Das Ganze ist nicht ohne Geist, obgleich häufig mit vieler Nachlässigkeit geschrieben. Das Riesenwesen besonders ist recht gut dargestellt, insofern die Kraft in ihrem Uebermaße unter sich selbst erliegt, und als Plumpheit erscheint. Wenn das Buch von einem älteren Gedichte ausgegangen ist, dann würde dessen Verlust für die Kunst zu bedauern seyn.
Quelle:
Joseph Görres: Die teutschen Volksbücher, in: Joseph Görres, Gesammelte Schriften, Band 3: Geistesgeschichtliche und literarische Schriften I (1803–1808). Köln 1926, S. 205-207.
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Und allgemein über Volksbücher:

Volksbücher heisst man, wie es scheint, erst seit der Zeit der Romantiker, Novellen und Romane, welche seit den letzten Jahrhunderten des Mittelalters die beliebteste Lektüre, anfangs mehr der adeligen, später der volksmässigen Bevölkerung waren und seit der Erfindung des Buchdrucks als Bücher weit verbreitet wurden; sie nennen sich selber meist eine Historie oder ein Buch oder ein liebliches Lesen u. dgl., was darauf deutet, dass es eben nicht die Kunstform der Novelle oder des Romans war, was man darin suchte und fand, sondern der unterhaltende Inhalt. Derselbe entstammt den allerverschiedensten Gebieten, dem Orient (sieben weise Meister), dem Mythus (Genofeva), den höfischen Sagenkreisen der Franzosen (Karolingischer Kreis, Artus, Tristan), dem deutschen Sagenkreis (Hörnener Siegfried), dem Volkswitz (Eulenspiegel), wobei aber alles der naiven Weise der Zeit gemäss in die Anschauung, Lebens-, Denk- und Empfindungsweise der Gegenwart gestellt ist, so zwar, dass sich oft unter der meist unscheinbaren Hülle der Begebenheit grosse Lebensweisheit, tiefe Einsicht in das Wesen der menschlichen Seele verbirgt; auch die Erzählungsart erinnert an die Plastik der Holzschnitte jener Zeit. Übrigens lässt sich der Begriff der Volksbücher weiter oder enger fassen; im entern Sinne gehören nur erzählende Bücher dazu, im weitern Sinne allerlei andere für das Volk bestimmte Schriften, Volksliedersammlungen, Rätsel, Sprichwörter, Traumbücher, kurz alles, was in Buchform auf den Jahrmärkten ausgeboten wurde. Die Veranlasser dieser Bücher mögen in den meisten Fällen unternehmungslustige Buchdrucker gewesen sein, manchmal nennt sich Bearbeiter oder Übersetzer, von dessen nähern Umständen jedoch in der Regel nichts Näheres bekannt ist. Die erste Sammlung einer Anzahl Volksbücher erschien unter dem Namen Buch der Liebe zu Frankfurt 1578 und 1587. Die einzelnen Bücher wurden, mit Holzschnitten versehen, auf den Märkten verkauft, zum Teil mit der Unterschrift »gedruckt in diesem Jahr«, verloren aber mit der Zeit viel an ihrem ursprünglichen Ausdruck. Die Romantiker wiesen zuerst auf diesen von der gebildeten Welt gänzlich[1045] verkannten und geringgeschätzten Teil der alten Litteratur hin; namentlich hat Tieck sich durch seine Neubearbeitungen und Görres durch sein Werk: »Die teutschen Volksbücher. Nähere Würdigung der schönen Historien-, Wetter- und Arzneybüchlein, welche teils innerer Wert, teils Zufall, Jahrhunderte hindurch bis auf unsere Zeit erhalten hat,« Heidelberg 1807, grosses Verdienst erworben. Die Volksbücher nach den besten alten Texten neu bearbeitet zu haben, ist das Verdienst Simrocks: Deutsche Volksbücher nach den echtesten Ausgaben hergestellt. Berlin und Frankfurt 1839 ff. Das folgende Verzeichnis beruht grösstenteils auf Goedeke's Grundriss, § 105 und 173.
1. Herzog Ernst, gegen Ende des 15. Jahrhunderts aus dem ältern Gedicht prosaisch aufgelöst. Siehe hier wie bei den meisten andern Nummern den besonderen Artikel.
2. Wigalois, aus dem ältern Gedichte des Wirnt von Grafenberg 1472 in Prosa aufgelöst und 1493 in Augsburg zum ersten Mal gedruckt.
3. Tristan, aus dem überarbeiteten Gedichte des Eilhart von Oberge, des Vorgängers von Gottfried von Strassburg, in Prosa aufgelöst: von der leut wegen, die solichar gereimter bücher nit genad habent, hab ich ongenanter dise hystori in die form gepracht. Augsburg 1498.
4. Wilhelm von Österreich; es ist dieses eine nur einmal (Augsburg 1481) gedruckte Prosaauflösung eines Gedichtes, dessen Verfasser Johann der Schreiber von Würzburg durch Nachahmung älterer Gedichte das österreichische Fürstenhaus zu verherrlichen gedachte.
5. Die heiligen drei Könige, ursprünglich von Johannes von Hildesheim, starb 1375, für Köln lateinisch bearbeitet, 1389 deutsch übersetzt und um 1480 zu Strassburg erschienen.
6. Barbarossa: »Ein wahrhafftige History von dem Kayser Friedrich, der erst seines Namens, mit einem langen roten Bart, den die Walsen nennten Barbarossa,« Landshut und Augsburg 1519. Das Büchlein berichtet, wie Barbarossa mit König Philipp von Frankreich und Richard von England Jerusalem erobert, wobei ein Herzog Eckhart von Bayern zu Hilfe kommt, der seinen Bundschuh als Banner aufsteckt; bei einem Bade wird Barbarossa durch Verrat des Papstes vom Sultan gefangen, nach einem Jahr aber wieder entlassen, worauf er nach Rom zieht, um sich an dem Papst zu rächen. Es erfolgt aber Versohnung und Tod des Kaisers.
7. Der Pfaff vom Kalenberg, eine gereimte Schwänkesammlung, die ein sonst unbekannter Philipp Frankfurter gegen Ende des 14. Jahrhunderts zu Wien gedichtet haben soll, die aber erst seit dem Ende des 15. Jahrhundert nachzuweisen ist. Erster Druck Frankfurt 1550.
8. Peter Leu, Fortsetzung des Kalenbergers, verfasst von Achilles Jason Widmann von Schwäbisch-Hall, zuerst Blockträger daselbst, später Pfaffe; erster Druck Frankfurt ohne Datum; Nürnberg 1560.
9. Eulenspiegel, Strassburg 1519.
10. Die sieben weisen Meister, erster datierter Druck Augsburg 1473.
11. Salomon und Marcolf, Nürnberg 1487, ging auch als lateinisches Volksbuch um unter dem Titel: Collationes quas dicuntur fecisse mutuo rex Salomon sapientissimus et Marcolphus facie deformis et turpissimus, tamen, ut fertur, eloquentissimus.
12. Griseldis, »Diss ist ain epistel Francisci Petrarch, von grosser stätikeit ainer frowen Grisel gehaissen,« Augsburg 1471.
13. Appollonius, nach dem Lateinischen des Gottfried von Viterbo »von latin zu teutsch gemachet«, Augsburg 1471.
[1046] 14. Flore und Blanscheflur, nach dem aus dem Französischen geschöpften Romane Filicopo des Boccaccio, Metz 1499.
15. Lother und Maller, Strassburg 1514.
16. Fortunatus, Augsburg 1509.
17. Melusine, 1456 von Thüring von Ringoltingen aus dem Französischen übersetzt und zu Strassburg um 1474 zum ersten Mal gedruckt.
18. Der Ritter von Turn, nach französischer Quelle durch Marquard von Stein übersetzt, Basel 1493.
19. Pontus und Sidonia, aus einem französischen Roman durch Eleonore von Österreich übersetzt, Augsburg 1498.
20. Hug Schapler, die sagenhafte Geschichte des Hugo Capet, von der Herzogin Elisabeth von Lothringen aus dem Französischen verdeutscht, Strassburg 1500.
21. Herpin, ebenfalls aus dem Französischen. Strassburg 1514.
22. Magelone, von Veit Warbeck aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt, Augsburg 1535.
23. Fierabras, eine Riesengeschichte aus dem Karolingischen Sagenkreise, nach französischer Quelle, Siemern 1533.
24. Die vier Haimonskinder, Siemern 1535.
25. Oktavianus, von Wilhelm Salzmann aus dem Französischen bearbeitet, Strassburg 1535.
26. Ritter Galmy, ebenfalls aus dem Französischen, Strassburg 1539.
27. Der Finkenritter, eine Zusammenstellung von Lügenmärchen, Strassburg um 1560.
28. Claus Narr, Geschichten des sächsischen Hofnarren ebendesselben Namens, der von 1486 bis 1532 lebte, Eisleben 1572.
29. Hans Clauert, ein zweiter Eulenspiegel, beschrieben durch Bartholomäus Krüger, Stadtschreiber zu Trebbin in der Mark, daher das Buch auch der märkische Eulenspiegel heisst. Berlin 1591.
30. Faust, Frankfurt 1587.
31. Schildbürger, 1589, auch Lalenbuch genannt.
32. Der ewige Jude, Danzig 1602.
33. Ogier, aus dem Dänischen durch Egenberger von Wertheim übersetzt, Frankfurt 1571.
34. Genofeva.
35. Hirlanda. Die beiden letzten Nummern sind erst im 17. Jahrhundert durch den Kapuziner Pater Martin von Cochem in Verbindung mit Griseldis und andern Legenden und Geschichten als »Auserlesenes History-Buch« dem Werke eines französischen Jesuiten nacherzählt worden, haben aber bald den Rang der beliebtesten Volksbücher erworben.
Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 1044-1046.
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