Montag, 3. März 2014

1868 - Regensburg, in Reisehandbuch für das Königreich Bayern

Reisehandbuch f...

S. 351 ff betrifft Regensburg



Reisehandbuch für das Königreich Bayern und die angrenzenden Länderstriche, besonders Tyrol und Salzkammergut: mit besonderer Rücksicht auf Geschichte, Topographie, Handel und Gewerbe (Google eBook)



Julius Bernhard

1868 - 714 Seiten








XIV. Regcusburg mit der Walhalla und

Umgebung.
Begensburg, das Castra regina der Römer, Radespona der Kelten, die alte freie Reichs- und Bischofstadt, der Siz
des deutschen Reichstags, jezt Hauptstadt des Kreises Oberpfalz und Regensburg und
Residenz des Fürsten v. Thurn und Taxis, liegt unter 20° 43' 8" östl.
L. und 49° 0' 53" nördl. Breite, 1042' P. oder 1159' bayr. ü. d. mittel.
Meere an der Donau, die hier den Regen aufnimmt, in einer prächtigen
Thalerweiterung, deren Anhöhen die Stadt in weitem Kranze mit
wechselnden Landschaftsbildern umschliessen, und zählte 1852 24,574,
1861 27,875 und 1864 29,893 Seelen, hat also jezt jedenfalls über 30,000
Einw., wovon fast '/, Protestanten und über 200 Juden.
Die Geschichte von R.
reicht bis 14 Jahre vor Christus zurück, wo die Römer hier ein
verschanztes Lager als vorgeschobene Posten angelegt hatten. Dieses
Lager verwandelte sich allmäklig in eine mit Mauern und Thürmen
versehene Stadt. Nach dem Verschwinden der Römer war R. vom 6. bis 8.
Jahrh. der Siz bojoarischer Herzoge. Unter Hrzg. Theodo, der schon 570
das Christenthum angenommen, kam der fromme Glaubensprediger Emmeram
hieher und hielt sich drei Jahre hier auf, um den Avaren das Licht des
Christenthums zu bringen. Kurz nach seinem Scheiden erlitt er auf
falsche Anklage hin bei Helfendorf den Märtyrertod. Seine Leiche ward
nach R. zurückgebracht, und über seinem Grabe erhob sich ein Kloster,
das seinen Namen trug und der Siz des Bisthums wurde, das Bonifaz, die
kirchliche Ordnung in Bayern vollendend, 739 hier errichtete. Mit dem
Sturz der Agilolfinger hört R. auf der ständige Siz eines Fürsten zu
sein; aber Karl d. Gr., welcher noch im Jahr der Absezung Thassilo's
II., 788, selber dahin gekommen war, Hess sich da einen Palast erbauen.
791—93 brachte Karl d. Gr. hier zu, schlug seinen Sohn Ludwig zum Ritter
und leitete von hier sein grossartiges Unternehmen, den Rhein mit der
Donau durch einen Kanal zu verbinden, was erst Kg. Ludwig I. von Bayern
in unsern Tagen wirklich zur vollen Ausführung und Vollendung brachte.
Die Ausscheidung Bayerns aus dem grossen Frankenreiche ward für R. ein
höchst folgenreiches Ereigniss. Die ehemalige Residenz der Herzoge ward
nun eines Königs Siz, in welchen erhöhter Glanz zurückkehrte. Noch im
Todesjahr Karl's d. Gr., 814, hatte Ludwig der Fromme Bayern seinem
ältesten Sohn Lothar übertragen, der jedoch schon nach drei Jahren zum
Kaiser erhoben wurde. Bayern fiel an Ludwig den Deutschen, welcher Mitte
826 mit seiner Gemahlin Hemma in R. einzog. Nunmehr ward, wenn die
Könige auch nicht beständig hier verweilten, doch eine
Menge von Reichsversammlungen und andere wichtige Akte hier vollzogen.
Hier warb der Longobardenkönig Autharis um Theodolinde, die liebreizende
Tochter Hrzg. Garibald's. Hieher berief Ksr. Arnulf 896 die Stände, um
ein Urtheil über seine der Untreue bezüchtigte Gemahlin Uta zu fällen.
Sie wurde jedoch freigesprochen. 920 versah Hrzg. Arnulf die aufblühende
und sich erweiternde Stadt neuerdings mit Thürmen, Mauern und Gräben.
Auch Friedrich Barbarossa erschien in R. zu wiederholten Malen. Von hier
brach am 23. März 1189 das deutsche Heer, das sich hier gesammelt
hatte, zum dritten grossen Kreuzzug unter Barbarossa auf. Hier Hess 1193
Ksr. Heinrich VI. den gefangenen englischen Kg. Richard vorführen. Von
da wurde Richard Löwenherz auf die Reichsfeste Trifels in der Pfalz
gebracht. 1284 fand hier das erste Turnier der deutschen Ritterschaft
statt, dem 1396, 1408, 1412 und 1434 weitere Turniere folgten. Vom Hause
des Bürgers Gumbrecht (jezt Lit. B. Nro. 62) wurde Friedrich der Schöne
von Oesterreich 1322 auf die Trausniz bei Nabburg in ritterliche Haft
gebracht. 1454, 1471 verlangte Ksr. Friedrich IV. Hilfe gegen die
Türken. Ksr. Max II. Hess sich hier vom Reichstag die erbetene
Türkenhife zusichern und starb bald darauf am 12. Okt. 1576. Am 5. Nov.
1630 verstarb hier der berühmte Astronom Johann Kepler aus Weilerstadt
in Württemberg, Ksr. Leopold I. präsidirte hier 1662 den lezten
Reichstag. — Am 10. Jan. 1663 wurde sodann der permanente Reichstag
eröffnet, der bis 1806, bis zur Auflösung des deutschen Reichs
fortwährte. — 69 Bischöfe hatte R. von 697 bis 1803, wo es dann an den
Fürsten Primas Karl v. Dalberg kam, der 1817 starb. 1810 kam R. an
Bayern und ward später wieder Siz eines Bisthums, und Johann Michael v.
Sailer war der erste, der die neue Reihe eröffnete, die jezt den 4.
zählt. 9 Mal ward R. durch grosse Feuersbrünste, 12 Mal aber durch
bedeutende Ueberschwemmungen heimgesucht, doch hat sich sein Wohlstand
unter Bayern, durch die Donaudampfschifffahrt , den Ludwigskanal, die
sich hier kreuzenden Eisenbahnen, sowie durch die Erbauung der
Befreiungshalle zu Kelheim und der Walhalla wesentlich befestigt und
gehoben, da sie ausserordentlich viele Fremde hieher ziehen und
Schiffahrt, Handel und Industrie zu grosser Blüthe brachten.
R. ist jezt Siz der
Kreisregierung für Oberpfalz und Regensborg, des Bisthums und
Domcapitels, Bezirks-, Handels-, Stadt- und Landgerichts, Handelskammer,
Bezirksamts, Notariats, Rent-, Forstamts, Baubehörde, einer
BrandversicheBernhard. Bayern. 23
rungs-Inspektion, Kreishilfscassa unter der
Staatsschuldentilgungskommission , Spezialkassa, Filialbank,
bischöflichen Clericalseminars zu St. Wolfgang, Kommissariats,
Kollegiatstifte (V. U. L. F. zur alten Kapelle und z. h. Johann Baptist
und Johann Evangelist), Benedictinerkl. St. Jakob (Schottenkl.),
Carmeliterkl. (Barfüsser), zwei Frauenkl. (Frauenabtei bei St. Clara,
Dominikanerinnenkl. z. h. Kreuz); protest. Dekanats, eines Lyceums,
Gymnasiums mit Lateinschule, Realgymnasiums , Kreisgewerbsschule, ferner
des Oberpostamts, Telegraphenstation, Hauptzollamts,
Stadtkommandantschaft u. Landwehrregiments.
R. bildet einen Halbbogen,
dessen Sehne sich an die Donau lehnt. Die Anlage ist wie bei allen
alten Städten planlos und unregelmässig. Es gibt keine Hauptstrasse,
welche das ganze Chaos der engen Gassen der Länge nach durchzöge und die
Pujsader des Verkehrs bildete, der Fremde hat daher Mühe, sich in der
Stadt zurechtzufinden. Doch fehlt es nicht an ansehnlichen und
geräumigen Pläzen. Eine Eigenheit sind die massiven Streit- und
Ritterthürme, welche an vielen alten Häusern aufsteigen und diesen ein
burgähnliches Ansehen geben. Die höchste und stattlichste dieser Warten
ist der „goldene oder Winklerthurm" in der Wallerstr. — Die
ansehnlichsten Gebäude sind:
Das Rathhaus, worin der
grosse Reichssaal sich befindet, in welchem vordem die Versammlungen der
Reichstagsmitglieder stattfanden. Man gelangt dahin durch ein
gothisches Portal und über eine Steintreppe mit herrlicher Brüstung. Der
Saal selbst ziemlich schmucklos mit flacher Decke. Das Kurfürstenzimmer
hat kostbares Getäfel von ungarischem Eschenholz. Im Fürstenzimmer
gestickte Tapeten aus dem 14. Jahrh. vortrefflich erhalten. Die
unterirdischen Gefängnisse und die mit Marterwerkzeugen aller Art
angefüllte Folterkammer sind schauerliche Denkmale der barbarischen
Justizpflege des Mittelalters. — Dem Rathhaus gegenüber liegt das Dollin
gerhaus. In der in einen Saal verwandelten ehem. Hauskapelle ist durch
grosse in die Wände eingelassene plastische Figuren der Kampf des
Regensburgers Hans Dollinger mit dem ungarischen Heiden Krako dem
Gedächtniss aufbewahrt, der im J. 930 in Gegenwart Ksr. Heinrich I. auf
dem Haidplaz vor sich ging und wo der hohnsprechende Hunne um's Leben
kam. Dieser Plaz ist jezt mit einem schönen Brunnen geziert. Auf dem
Plaze steht ferner das grosse
Thon-Dittmer Haus und die ehemalige Stadtwaage,
jezt Bibliothek. In den weiten Räumen des ersteren
sind die Localitäten des neuen Real-Gymnasiums, des Gewerbevereines, der
Kreisgewerbe- und Handelsschule, des Kunstund historischen und des
zoologisch-mineralogischen Vereines, sowie der mineralogischen
Gesellschaft vereinigt. Der historische Verein besizt zahlreiche
Alterthümer aus der Römerzeit (Merkur von Bronce), eine Sammlung alter
Waffen und Rüstungen, altdeutsche Flügelaltäre, Gemälde von Altdorfer,
Lucas Cranach u. s. w. und eine reichaltige Bibliothek. Die kgl.
öffentliche Bibliothek zählt an60,000Bänden, 35,000 Flugschriften und
Dissertationen, 4000 Nummern theologischer Streitschriften aus der
Reformationszeit, 10,000 Karten, und Kupferstiche.
Zu den Seltenheiten
gehören eine Seekarte des Genuesers Lercharius Ton 1426, eine Sammlung
altdeutscher Gedichte in einem Codex aus dem 15. Jahrh. und die erste in
Deutschland gedruckte Tollständige deutsche Bibel von 1466 nebst andern
merkwürdigen Incunabeln.
Weiter östlich vomDollingerhaus das Haus zum
Goliath mit mächtigem Thurm, eine der stolzesten Burgen der alten
Reichsstadt. An der Aussenwand prangt in riesigen Dimensionen ein
Freskobild, den Kampf Goliath's mit David vorstellend. — Am Bischofshofe
vorüber, wo die alten Fürstbischöfe ihre Residenz hatten und Ksr. Max
II. 1576 sein Leben aushauchte, kommen wir auf den Domplaz und haben
eines der herrlichsten Bauwerke vor Augen, den berühmten
Dom zu St. Peter, ein
Hausteinbau mit 3 Schiffen (Mittelschiff bedeutend höher als die beiden
Abseiten), einem Kreuzschiff, zwei noch unvollendeten Thürmen an der
Westseite, an denen aber Kg. Ludwig I. fortbauen Hess, um sie znr
Vollendung zu bringen, einem brillanten Fagadenbau, von Bischof Leo dem
Thundorfer erbaut, der 1275 den Grundstein dazu legte. Länge des ganzen
Bau's 405', Breite der Mittelhalle 135'/!, Höhe 125'. Flächeninhalt
29,330 Quadratfuss. Auf den Meister Ludwig (f 1306), der als der geniale
Schöpfer des Werks betrachtet wird, folgten sich als Bauführer Meister
Albrecht, Heinrich der Zehender (1350), Liebhart der Mynner, 1440,
Andreas Egl, 1488, Konrad Mathäus, f 1470 und Wolfgang Rorizer, zulezt
Erhardt Heydenreich. Das herrliche gothische Sacramentshäuschen an der
Chorwand der Evangelienseite des Hochaltars mit der Jahrzahl 1493, dem
Wappen des Domherrn Georg v. Preysing von Wolfgang Rorizer geschaffen,
der am 12. Mai 1514 sein Leben auf dem Schaffot endete, wie die Sage
geht, schuldlos verurheilt in Folge eines Aufstandes der Bürger gegen
den Magi
s
strat. Zum Chore steigt man auf breiten Marmorstufen empor und im
Hintergrunde ragt der Hauptaltar, welcher ganz mit Silber überkleidet
ist. Die 5 steinernen Altäre in den Seitenschiffen zeigen eine
bewundernswerthe Feinheit und Zierlichkeit der Sculptur, ebenso der
Schöpfbrunnen zur Rechten, aus welchem das Weihwasser geholt wird, mit
seinem gar zierlichen Baldachin; den Vorderpfeiler schmücken die
Samariterin mit Christus am Jakobsbrunnen; bis zum Wasserspiegel beträgt
dessen Tiefe 60'. Die steinerne Kanzel am 2. Pfeiler der Südseite. Die
Glasgemälde theilen sich in die alten aus dem 14. und 15. Jahrh. und in
die neuen, welche durch die Munificenz des Kgs. Ludwig I. seit 30 Jahren
eingesezt wurden. Von den Grabdenkmälern sind als Kunstschöpfungen
bemerkenswerth: die der Bischöfe Sailer, Wittmann undSchwäbel von
Eberhard, das Hochgrab des Fürstbischofs Philipp Wilhelm im
Mittelschiffe, das des Fürstprimas Karl v. Dalberg, der Erzguss des
Peter Vischer auf dem Grabe der Marg. Martein Tucherin von Nürnberg, das
Epitaphium des Bischofs Johann Georg v. Herberstein, die Speisung der
5000 Mann vorstellend, der mächtige von reichem Kronenwerk umschlungene
Rothmarmorstein des Bischofs Heinrich von Absberg. Die zierliche Kapelle
im Süden des Chores ist als Schazkammer benüzt. Dort verwahrt man die
Trinkschale des h. Wolfgang, f 994, ein prachtvolles mit zahlreichen
Majuskeln versehenes Rationale aus dem 13. Jahrh., das dicht mit
Granaten besezte Kreuz des Kgs. Ottokar von Böhmen, reiche Messgeräthe
und Ornate aus der Renaissance, die Reliquien des sel. Bruders Berthold
von Regensburg, des berühmten Predigers
u. a. Ein kleiner Sarkophag von Silber mit Krystallfenstern versehen,
Reliquien der heiligen Laurentius und Stephanus bergend. Zwei Standarten
des dänischen Prinzen Johannes , welcher 1532 zu R. verstarb. Der
Schlussstein in der Kreuzvierung trägt die Inschrift: „Ludovicus
Bavariae Rex restauravit. Anno Domini 1838."—Der zur Cathedrale
gehörende Kreuzgang schliesst den alten Dom zu St. Stephan ein und die
Allerheiligenkapelle. Erstere stammt aus dem 8. Jahrhundert und ist ein
Bau, dem die vaterländische Kunstgeschichte nichts Aehnliches an die
Seite zu stellen vermag. Denn er ist wohl der älteste in ganz
Deutschland und der ersten christlichen Zeit angehörend. In der östl.
Rundbogennische steht ein altchristlicher Altar, der schon im 6. Jahrh.
vorhanden gewesen sein soll und also wohl das älteste Sculpturwerk
seiner Art in ganz Deutschland sein dürfte. Die
Allerheiligenkapelle hat sich Bischof Hartwig II.
1155—1164 als Mausoleum errichtet, sie zählt mit ihrer achtseitigen
Kuppel zu den am besten erhaltenen romanischen Bauten in den
Donauianden. Im Kreuzgang sind viele aufgefundene römische und deutsche
Alterthümer aufgestellt, darunter ein besonders merkwürdiges Astrolab. —
Als Wahrzeichen gilt auf der Nordseite unfern des Eselsthurmes der von
der Gallerie des Domes sich herabstürzende Dombaumeister, in
Wirklichkeit nur ein Wasserspeier; auf dem zweiten Strebepfeiler der
Südseite die an den Zizen der Schweinsmutter saugenden Jungen; oberhalb
des westl. Domportals der Mönch, welcher eine Nonne küsst, in Wahrheit
die h. Elisabeth vorstellend, welche Maria in ihre Arme schliesst.
Zunächst der Chorseite des Domes steht die Kirche
St. Ulrich oder die „alte Pfarre" aus der Uebergangszeit vom romanischen
zum gothischen Style stammend, ein höchst interessantes Bauwerk mit
Ornamenten von geistreicher und edler Bildung. Sie wird restaurirt und
sodann den Chorherren von St. Johann zum gottesdienstlichen Gebrauch
übergeben.
Der anstossende
Römerthurm, das älteste Bauwerk der Stadt, dessen unteres Viertel aus
gekropften Quadern besteht, zeigt gewaltige Dimensionen und eine
ungeheure Mauerdicke. Nach der Sage soll hier Hrzg. Theodor, f 520,
getauft worden sein. — Zwischen dem Kreuzgang und dem Domgarten führt
ein Gang nach Niedermünster, dem ehemaligen reichsfreien und gefürsteten
Fräuleinstift. Die Kirche, jezt kathol. Pfarrkirche der unteren Stadt,
ist nicht glücklich im Rococogeschmack restaurirt. Aus alter Zeit
stammen noch die Gräber der Stifterin Juditha, Gemahlin Hrzgs. Heinrich
v. Bayern und des hl. Erhard, eine gothische Tumba mit 3 Altären
geziert. Der zunächst stehende Altar zeigt das bekannte Bild der
schwarzen Mutter Gottes von Niedermünster, von ächt byzantinischem
Typus, welches Juditha von einer Reise in's gelobte Land mit
heimbrachte. Im Schaze der Bischofsstab des h. Erhard, aus schwarzem
Büffelhorn geschnizt. Die ehemaligen Stiftsgebäude dienen jezt zur
Wohnung des Bischofs und zum Ordinariatslokale.
Der nur wenige Schritte
davon befindliche alte Kornmarkt ist nördl. durch das Institutsgebäude
der armen Schulschwestern , östl. durch das Carmelitenkl., im West die
alte Herzogsburg der Agilolfinger und südl. durch die alte Kapelle
begrenzt. Die Kirche des Kollegiatstifts zur alten Kapelle hat zum
Fundator Ksr. Heinrich den Heil, und deutet der
Grundkonstruktion nach auf romanischen Ursprung, wurde aber später mit
Zierrathen überladen. In der angebauten Frauenkapelle befindet sich ein
angeblich vom hl. Lucas gemaltes Marienbild, das bei der Säcularisation
nach München gebracht und lange Zeit (bis 1864) durch eine schwache
Copie vertreten war. In der Schazkammer die prachtvollen zwei Casulen
und die vier Tuniken, welche die hl. Ksrn. Kunigunde aus eigenen
Kleidern (arabischen Stoffen) bereitete. — Weiter gegen Osten die
Minoritenkirche, ein altdeutscher Bau aus 1300, jezt zur Mauthalle
verwendet. — Nach West. uns wendend gelangen wir durch die
Schwarzbärengasse zur alten Burgpfarre St. Cassian, die auf die
Gundmauern eines Heidententempels der alten Castra regina erbaut sein
soll. Im Innern durchgreifend erneuert. — Auf dem Neupfarrplaz auf der
Stelle der einstigen Judensynagoge die protest. Neupfarrkirche,
neuerdings gegen West. erweitert und an ihren beiden Thürmen vollends
ausgebaut. Als frühere Kapelle zur schönen Maria pilgerten die Gläubigen
aus den entferntesten Gegenden schaarenweise, oft an die 50,000 hieher.
— An der Südseite des Plazes steht jezt das Maffei'sche Haus, in dessen
südl. Flügel die Salvatorkapelle mit den Ueberresten des sel.
Laienbruders Friedrich und einem uralten miraculösen Crucifix auf dem
Altare, worauf sich das Freskobild an der Wand bezieht.
Obermünster war wie Niedermünster ehedem ein
gefürstetes Stift fhr adelige Jungfrauen. In der Mitte des Chors der
Kirche St. Dionys, •ein ursprünglich romanischer Bau, bezeichnet eine
einfache Platte die Grabstätte der Stifterin, der Kgn. Hemma, f 876.
Besonders kunstreich ist der Altar U. L. Fr. im Nordschiffe, von der
Aebtissin Wandula 1534—40 errichtet. In der Vorhalle schöne Denkmale aus
dem Mittelalter. Die Stiftsgebäude dienen jezt dem bischöfl.
Clericalseminar.
St. Emmeram, ehemalige
gefürstete Reichsabtei, Benedictiner Ordens. Die Kirche war früher eine
romanische Pfeilerbasilica und hat einen frei abstehenden Glockenthurm.
Die alte Form hat sich am meisten in der Vorhalle erhalten, wo ein
merkwürdiger steinerner Lehnstühl und das Grab Aventin's sich befindet.
Im Innern ist das Gotteshaus durch Rococo verzopft, enthält aber einen
Schaz geschichtlicher Denkmale: die Tumba der sel. Aurelia, die
Hochgräber des hl. Emmeram und Wolfgang, das Grabmal des Grfn. Warmund
von Wasserburg, die Tumba Hrzg. Heinrich's, die Grabsteine
der Hrzge. Arnulf und Arnold, die Statue der Ksrn. Uta, die Grabstätte
des sagenverklärten Grfn. Babo von Abensberg, die Epitaphien mehrerer
Fürsten v. Thürn und Taxis, im Chore flach auf dem Boden die Grabsteine
Ksr. Arnulfs und seines Sohnes Ludwig — ein grosses Mausoleum. An der
Nordseite die unterirdische Crypta des hl. Wolfgang. In der Schazkammer
die Bischofsstäbe der hl. Emmeram und Wolfgang, sowie des leztern Casula
und Ciborium, dann der Reliquienschrein des hl. Emmeram, eines der
herrlichsten Werke der mittelalterlichen Goldschmiedekunst. An die
Kirche schliesst sich der Kreuzgang von St. Emmeram im frühgothischen
Style, mit reichem Portal und herrlicher Ornamentik, wahrhaft ein
Paradies in Stein ausgeführt. Aus dem Kreuzgang gelangt man in die
fürstlich Thurn- u. Taxis'sche Gruftkapelle, ein Werk der neuern Zeit,
aber im mittelalterlichen Style gehalten. Fenster mit Glasgemälden; im
Chor Dannecker's berühmte Christusstatue. Unter der Kapelle die Gruft
mit den Sarkophagen der abgeschiedenen Mitglieder der fürstl. Familie,
wo zulezt noch Anfang Juli 1867 der Erbprinz Maximilian, erst 36 Jahre
alt, unter Anwesenheit seines Schwagers des Ksrs'. Franz Joseph von
Oesterreich beigesezt wurde. — Auf dem Altare ein äusserst werthvolles
und kunstreiches Crucifix aus Elfenbein geschnizt. Die weitläufigen
Klostergebäude von St. Emmeram, welche gleichsam eine Stadt für sich
ausmachen, hat der Fürst v. Thurn und Taxis in ein Palais für sich
umgestaltet, das vielSehenswerthesumschliesst: eine Gemäldegallerie,
Kupferstichsammlung, ansehnliche Bibliothek mit seltenen Manuscripten
aus dem Mittelalter, zahlreichen Incunabeln und vielen Prachtwerken,
insbesondere aus dem Gebiet der Naturwissenschaft, der Länder- und
Völkerkunde, Waffensammlung und eine von Gold, Silber und Edelsteinen
strozende Schazkammer. Oeffentlicher Zutritt nur in die Gemäldegallerie
von 11—12 Uhr. An den fürstl. Marställen mit 'Reitschule prangen
Hautreliefs von Schwanthaler. An der Ostseite des Schlosses der
Fürstengarten mit reizenden Anlagen, dem allgemeinen Besuch "von Morgens
6 bis Abends 6 offen.
Auf dem grossen Plaz vor
St. Emmeram die Amtsgebäude der kgl. Kreisregierung und das Protestant.
Waisen- und Bruderhaus. — Auf dem Aegidii- oder St. Gilgenplaz steht das
städtische Krankenhaus (vormal. Deutschordenshaus). Die Kirche aus dem
13. Jahrh. mit interessanten Denkmalen der hier begrabenen Ordensritter.
— Der „breite Weg" führt zur
Dominikanerkirche St. Blasius, ein Bau von gewaltiger Länge und Höhe.
mit vielen alten Denkmalen und einem Altargemälde, Sturz der Engel,
angebl. von Rubens. Der Kreuzgang führt zu der jezt in eine Kapelle
umgewandelten Schola des berühmten Albertus Magnus, des grössten
Naturforschers des 13. Jahrh. In den ehemal. Klostergebäuden jezt das
kgl. Lyceum und das Seminar St. Paul. — In der Nähe die protest.
Dreeinigkeitskirche im Renaissancestyl 1627—31 ausgeführt, einschiffig,
ohne Säulen, mit Tonnengewölbe.
Am obern Jakobsplaz die
Kirche des ehem. Schottenkl. St. Jakob, deren Hauptportal eine Fülle von
grotesken Bildwerken zeigt, ein wohl von irischen Mönchen im 11. und
12. Jahrh. geleiteter Bau. In der auserlesenen Stiftsbibliothek mit
Incunabeln befindet sich das ganz getreue Bildniss der unglücklichen
Kgn. Maria Stuart im grossen Refectorium, etwa 6 Monate vor ihrem Tode
gefertigt. — In der Kirche vom Heiligen Kreuz, dem Kloster der
Dominikanerinnen, wird auf dem Hochaltar ein wunderverklärtes Kreuzbild
verwahrt, welches stets hohe Verehrung genoss. — Die ehem. Johanniter
Kirche St. Leonhard, ein romanischer Hallenbau des 12. Jahrh. Vor den
Johannitern residirten hier die Templer.
Weitere Gebäude und Sehenswürdigkeiten von R. sind:
der Judenstein, ein 500 Jahre altes mitten unter Bäumen frei stehendes
Monument auf dem Plaz gleichen Namens. — Das Präsidialgebäude mit seiner
Giebelhalle von korinthischen Säulen und das sog. Neue Haus, worin jezt
das Theater, ein Ballsaal und eine Restauration am obern Jakobsplaz. Am
untern Jakobsplaz der Römling mit einer der ältesten Buchdruckereien
Deutschlands. An der Weintingergasse die sog. Halleruhr, die ehem. Porta
orientalis der Römer.
Unmittelbar an der Stadt und zu derselben gehörend,
am östl. Fusse der steinernen Brücke beginnend: die renommirte
„Wurstkuchl", nicht ansehnlich als Gebäude, aber in kulinarischer
Beziehung viel bekannt und besucht. In der Nähe des Landungsplazes der
Remorqueure und Schleppkähne: die neue königliche Villa mit ihren
gothisch krennelirten Zinnen und zierlich durchbrochenen Eckthürmen,
ganz das Bild einer stattlichen Ritterburg zeigend, nach dem Entwurf des
Baumeisters Folz, welcher das berühmte gräfl. Armannsperg'sche Schloss
Egg in Niederbayern so trefflich restaurirt hat (s.u.). — Weiterhin ist
das von den Malern vielgepriesene Ostenthor mit seinem hohen
Mittelthurme und seinen beiden Seitenthürmen von
pittoresker Wirkung. In der Nähe das Kl. St. Clara, früher ein
Kapuziner Convent, jezt aber Clarissernonnen eingeräumt. Ober dem Portal
der Kirche ein Salvatorbild aus dem 12. Jahrh. — Am „Studentenviertel"
ist ein gusseisernes Monument dem Andenken des Generals Zoller gewidmet.
Nach der Gasfabrik folgt das Maxthor und das Weihst. Petersthor.
Zwischen beiden die „Predigerssäule11,
eine ehrwürdige Reliquie aus dem Mittelalter, welcher die Sage ein
lOOOjähr. Alter gibt. Nun erweitern sich die Anlagen zu einer äusserst
anmuthigen, mit Bäumen und Bosqueten bepflanzten Wiesenfläche, in deren
Mitte das schöne Denkmal Kepler's steht, eine 1808 erbaute dorische
Rotunde mit der Büste des grossen Astronomen von Döli und einem
meisterhaften Basrelief von Dannecker. An den Friedhöfen vorüber gelangt
man zum Eisenbahnhofe mit seinen ausgedehnten Gebäuden und schönen
Zieranlagen, dann auf den Galgenberg, jezt Sommerbierkellern dienend.
Weiter zurück liegt auf der Spize eines Hügels der Stein, wo 1809 der
Ksr. Kapoleon I. verbunden wurde, der vor R. einen Streifschuss am Bein
erhalten. — In der Allee umschliesst ein Rondell einen hochragenden
Obelisk, zu Ehren des Fürsten Karl Anselm v. Thnrn und Taxis, des ersten
Begründers der Allee errichtet. Der „Prinzengarten" ist ein besuchtes
Cafe. Bei dem Vorort Kampfmühl liegt die ehemalige Karthause Prüll, jezt
Kreisirrenanstalt. Altdeutsche Kirche mit mehreren guten Gemälden.
Unter dem Hochaltar quillt der St. Veitsbrunnen hervor. Der
„Guldengarten," ein beliebtes Cafe in der Nähe des Jakobsthors. Vor
demselben eine hohe steinerne Martersäule 1459 von Ruger Krugl, Bürger
von R., aufgerichtet, ein zierliches Werk der heimischen Meisselkunst.
Der schöne Promenadeplaz „unter den Linden", die Friedhöfe der obern
Stadt, die Schiessstätte, die Lokalitäten der Schüzengesellschaft „zum
grossen Stahl", welche einen herrlich gearbeiteten Pokal von 1586,
mehrere Medaillen und eine von Albrecht Dürer mit Schnizwerk verzierte
Armbrust bewahrt, dann beim »Prebrunner Thörl" das Palais der
verwittweten Herzogin Paul Wilhelm von Württemberg, führen uns vollends
um die Stadt herum, in der nächsten Umgebung zum Ausgangspunkt zurück.
Die Handels- und industriellen Verhältnisse von R. bleiben uns
schliesslich noch zu bezeichnen übrig: Der Bergbau, namentlich auf
Eisenerze und Braunkohlen spielt in der Oberpfalz eine grosse Rolle und
hat auch auf die Hauptstadt seinen Einfluss, denn selbst in der Nähe von
R. gibt es kleinere
Gruben. In R. selbst ist zu erwähnen: die Gewehrfabrikation, welche durch „Kuchenreuter in Regensburg" sich
einen Weltruhm erworben. Die Messerschmiedwaaren besizen sodann seit
alter Zeit einen guten Ruf. Der Glashüttenbetrieb des bayerischen Waldes
erstreckt sich bis in die Nähe nach Einbuch, auch Eisen- und
Kupferhämmer werden betrieben; eine Porzellan- und Steingutfabrik,
Tuchfabrikation; grossartig istMaffei's Maschinenfabrik und
Schiffbau-Etablissement, welche für die Stromschifffahrt im südöstl.
Russland bedeutende Bestellungen ausgeführt hat; bekannt dieRehbach'sche
Bleistiftfabrik, neben der noch andere bestehen, die grosse
Rübenzuckerfabrik von Fikentscher, die berühmte Fabrik
landwirthschaftlicher Maschinen von Lanz u. Cpie. in R., Mannheim und
Friedrichshafen, mit grosser permanenter Ausstellung und
Reparatur-Werkstätte in Verbindung mit Schwann u. Cpie. in London,
chemische Fabrik, Schnupftabakfabrik, Taue- und Seilerwaarenfabrik,
grosse Kunst-, Säg- und Walkmühlen, starke Spiritusfabrikation,
Buchdruckerei, Papier-, Cartonnagefabrik, Fabrikation in Leder,
Baumwolle, Möbelnfabr., Tapeziererei, Handelsgärtnerei, dann blühen
noch: der Buchhandel, Schiffbau, Schifffahrt, Speditions- und Transito-,
Salz-, Holz-, Hopfen- und Getreidehandel.
In der Umgebung
Regensburgs ist zuerst Stadt am Sofj eigentlich eine Vorstadt R.'s, aber
doch eine eigene Gemeinde bildend von 2500 E., von R. nur durch die
Donau getrennt, über welche indess eine grosse schon 1135—46 erbaute
Brücke führt, in dem Winkel, welchen der Einfluss des Regen in die Donau
bildet. Die Donaubrücke, 1069' bayer. l. und 25' br., ruht auf 15
cirkelrunden Schwibbogen. Sie ist mit allerlei Sinnbildern und
Wahrzeichen ausgestattet, als einem Ungeheuer mit zwei vierzehigen
Füssen, einem Vogelkopf, Schlangenschweif, Eidechse, Hund ohne Kopf und
mehreren Menschengesichtern. Unterhalb des Brückenkörpers am fünften
Pfeiler verbindet ein Steindamm die Inseln Ober- und Unterwörth. welche
zahlreiche Mühlen Badehäuser, die Turnschule, die Maffei'sche
Maschinenfabrik, so wie den Hafen und die Schiffswerften der
Dampfschifffahrtsgesellschaft enthalten. In Stadtamhof zeichnet sich das
ehemal. Augustiner Chorherrenkl. St. Mang aus, in welchem Andreas
Presbyter seine berühmte Chronik der bayer. Herzoge schrieb. Das
vormalige Kloster Notfe-Dame ist jezt eine Kaserne. Das grosse
Katharinenspital am Fuss der Brücke ist eine Stiftung des Bischofs
Konrad II. 1226, und gehört noch zu R. Bemerkenswerth
die 1859 renovirte Kirche, aus der Uebergangszeit vom Byzantinischen
in's Gothische. — An Stadtamhof schliessen sich die Ortschaften
Steinweg, 900 E., und jenseits des Regen Rainhausen, Kd. 1500 E. und
Weichs, D. 700 E. Ueber dem Allem thront auf dominirender Anhöhe die
Dreifaltigkeitskirche, 1713 zum Gedächtniss der überstandenen Pest
erbaut. — Ein beliebter Ausflugsort für die Regensburger ist Schloss
Hohengebraching, l'/, Std. entfernt, mit gutem Gasthaus, woselhst die Waldfeste der Turner und Sänger abgehalten werden.