Sonntag, 20. Oktober 2013

1869 - Dominikanerkirche - in Regensburg in seiner Vergangenheit und Gegenwart: mit vielen Holzschnitten ... - Hugo von Walderdorff - Google Books

Regensburg in seiner Vergangenheit und Gegenwart: mit vielen Holzschnitten ... - Hugo von Walderdorff - Google Books, 1869, Walderdorff, Hugo von

Nur-Text-Version aus google-books

15. Die Dominikanerkirche. *)
Schon wenige Jahre nach der Gründung des Dominikanerordens waren einige Brüder desselben nach Regensburg gekommen etwa i. J. 1218 oder 1219. Aber erst ein Dezennium später scheinen sie eine eigene Kirche erhalten zu haben, denn erst 1229 finden wir, dass ihnen Bischof Siegfried die Kirche des hl. Blasius mit dem anliegenden Hause und den dazugehörigen Gründen übergibt. Da die Brüder hiezu noch weitere Grundstücke erwarben, waren sie bald in den Stand gesetzt, ein Kloster zu erbauen. Mit der Zeit genügte auch die alte, noch dazu baufällige Kirche nicht mehr. Seitdem nämlich Albert der Grosse in den Jahren
*) Vergleiche auch: ,,Andr. Niedermayer: Die Dominikanerkirche in Regensburg" in Verhandl. des bist. Vereins von Oberpfalz u. Regensburg XXV111. (1858).
| 1258—1259 hier gelehrt und gepredigt hatte, steigerte sich die Zahl der Zuhörer dermassen, dass die alten Räume die Gläubigen nicht mehr fassen konnten. Es wurde daher fortgefahren, anliegende Gebäude zu erwerben, um eine neue Kirche erbauen zu können. Albert, welcher inzwischen 1260 bis 1262 hier Bischof gewesen war, ehe er diese Würde in Cöln bekleidete, ertheilte im Jahre 1267 der Kirche zu St. Blasius selbst einen Ablass, wohl um die Gläubigen zu frommen Gaben für den bevorstehenden Kirchenbau zu ermuntern. Endlich im Jahre 1273 konnte derselbe beginnen, uud bereits in 4 Jahren (1277) war er vollendet; in dieser kurzen Zeit war es gelungen, den herrlichen Tempel aufzubauen. Einer der grössten Wohlthäter des Klosters und hauptsächlichsten Beförderer des Baues war zu jenen Zeiten der edle Ulrich' Truchsess von Eckmühl, der auch in der Kirche seine letzte Ruhestätte fand.
Schon im 14. Jahrhundert war dieDisciplin des Klosters stark gesunken, fand aber in Raymund von Capua einen Reformator. Bei Beginn der Reformation jedoch war es mit der Klosterdisciplin w?eder nicht am besten bestellt und viele der Mönche wandten sich der neuen Lehre zu; ja der damalige Prior Moritz Fürst entwich sogar (1525) mit der Abtissin | des Klosters Arlesberg, Käthchen Hinzenhauser, nachNürnberg und nahm sie dort zu seiner Gemahlin; von den mitgenommenen Kirchenschätzen mussten sie übrigens das Meiste auf Betrieb des Rathes von Regensburg wieder erstatten. Später wurde von den Protestanten die Kirche ganz in Besitz genommen, musste aber nach dem Religionsfrieden den Katholiken wieder eingeräumt werden. In der Folge wurde dieselbe mittelst Vertrag paritätisch; endlich nach langem Streite verliessen sie die Protestanten definitiv, doch mussten ihnen die Dominikaner 6000 fl. Entschädigung zahlen, welche zum Baue der nahegelegenen Dreieinigkeitskirche verwendet wurden. Da aber die armen Mönche diese Summe nicht ganz aufbringen konnten, so schenkte im Jahre 1630 der damals auf dem Churfürstentage anwesende spanische Gesandte Duca Carlo d' Avila, Herzog von Tursi, dem Kloster die noch fehlenden 4000 fl. Zum Danke wurde ein Schild mit seinem Wappen an dem ersten Pfeiler links östlich im Schiffe angebracht, wo früher die Kanzel der Protestanten stand. In der Folge theilte das Kloster das Loos der andern Bettelklöster und wurde endlich unter der Regierung des Fürsten Primas aufgehoben. Als das Colleg zu St. Paul im Jahre 1809 abbrannte, wurden die höheren Bildungsanstalten hieher verlegt
Zur Zeit befindet sich das k. Lyceum (philosophischer und theologischer Kurs) in demselben, nebst dem Studienseminar von St. Paul. Die Kirche dient als Studienkirche für das Lyceum, für das k. Gymnasium nebst lateinischer Schule uud für das Realgymnasium.
a) Die Dominikanerkirche wurde wie oben erwähnt in der kurzen Zeit von 1274—1277 aufgebaut. „Sie ist", wie von Quast, der 

dieselbe a. a. 0. pag 196. ff. mit besonderer Vorliebe beschrieben hat, sehr treffend bemerkt, „als ein rechtes Master ihrer Art aufzustellen und ich wüsste ihr in allen Beziehungen nur die Minoritenkirche zu Cöln an die Seite zu stellen. Beide sind altgothisch, beide stellen so zu sagen den Typus des Gothischen wie ihrer Ordensbedürfnisse für ganze Gegenden fest, beide vereinigen in vorzüglicher Weise die schlanken und weiten Verhältnisse, welche ihre Orden verlangen, mit einer zwar nur massigen aber stets richtig vertheilten Ornamentik; der Regensburger Kirche dürfte der Vorzug grösserer Leichtigkeit zuzuerkennen sein. Beiden kann man eine vorzügliche Stellung unter den ältesten Werken gothischer Baukunst in Deutschland nicht versagen."
Die Kirche ist dreischiffig, wegen der Ordensarmuth ohne Kreuzschiff. Der Chor schliesst dreiseitig aus dem Achteck. Das Mittelschiff, über die Seitenschiffe sich erhebend, hat 84' Höhe und 42' Breite, während den Seitenschiffen nur eine Breite von 20'/»' und eine Höhe von 42' zukömmt. Die Gesammtlänge der Kirche beträgt 252', die Chorlänge 98'.
Das Langhaus*) hat 6 Gewölbefelder, der Chor dagegen 4. Die Pfeiler sind achteckig und haben Halbsäulchen an den 4 Stirnseiten; die Kapitale wachsen meistens in Kelchform aus ohne Ornament. Nur in dem nördlichen Seitenschiffe gegen Osten zeigen die Kapitäle reicheren Schmuck, und geben wir von einem' der originellsten derselben hiebei eine Abbildung.
Nro. 16. Merkwürdig ist, dass die Saulchen im Chor nur
halb herablaufen und dann auf wurzelförmigen Consolen ruhen.
Was die Fenster betrifft, so haben die zweigetheilten Chorfenster regelmässiges Masswerk, an den andern Fenstern sind nur Kreise oder Dreiund Vierpässe in das Bogenfeld geschlagen. Das einfache kräftige Rippenwerk zeigt in der Mitte treffliche Schlusssteine mit Bildern.
Im Aeussern der Kirche sind die Streben der Hochwand mehr lisenenförmig. Auch die Strebepfeiler der Seitenschiffe haben keinen Sockel und Capital in der keine Einziehung, und schliessen mit dem einfachen Dominikanerkirche. Giebel; nur der letzte Strebepfeiler der Nordseite zeigt in seinem Schlusse einige Thierformen. Eigenthümlich gegliedert sind die hochaufsteigenden Streben des Chorbaues.
Am grossartigsten ist der Schmuck der Facade; 4 Strebepfeiler gliedern den Raum, 3 prachtvolle, wohl später erneute und erweiterte Fenster
[ocr errors]
[graphic]
mit reichem Masswerk bringen Licht nach Innen. Das Portal wird durch 2 Spitzbogen gebildet, die noch ein Rundbogen überbaut, welchen kleinere kleeblattförmige Bogen begränzen.'
Das Glockenthürmchen ist auf der Südseite der Kirche eingebunden.
Ueber den Baumeister derselben haben wir keine Nachricht. Da im südlichen Seitenschiffe als Console ein Mönch mit dem Zirkel in der rechten Hand angebracht ist, der mit der linken Hand visirt, so möchte wohl dieses das Bild des Baumeisters sein
Der Chor der beiden Seitenschiffe ist verbaut; im südlichen befindet sich die Sakristei; der nördliche ist nur durch einen vorgestellten Altar abgeschieden, und bildet jetzt mit seinem östlichen Theile leider einp Rumpelkammer, deren Pflaster aus den ältesten Grabsteinen besteht.
Die Chorstühle, aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, sind von einfacher Schönheit; sehr bemerkenswerth ist in der Sakristei ein gothischer Paramentenschrank mit gleichzeitigem Thürbeschläge; er hat treffliche Formen und ist mit den Brustbildern des hl. Dominikus, hl. Blasius und hl. Thomas von Aquin geschmückt.
Die Altäre sind im Renaissance- oder im Roccocostyle. Der Altar des heil. Michael hat ein Bild, den Engelsturz darstellend, das öfters Rubens zugeschrieben wird. Die Franzosen hatten es seiner Zeit mit nach Paris genommen. — Ein schönes Bild ist auch die Madonna (Maria Maggiore) des Rosenkranzaltares
Bemerkenswerth ist der Altar, welchen Wolfgang Rudolph Freiherr v. Ossa zu Dahl, kaiserl. Feldmarschall-Lieutenant (i 1642) mit seiner Gemahlin Elisabeth v. Metschet genannt Hillesumb, stiftete. Das Altarblatt, welches die Stifter zu den Füssen des Kreuzes knieend zeigt, ist sehr gut gemalt.
Eine grosse Anzahl von Todtenschildern und Grabdenkmalen ist noch jn der Kirche erhalten , obgleich auch hier bei früheren Restaurationen schon manches wegkam. Die Lanze, die bei dem Todtenschilde des obenerwähnten Wolfgang Rudolph Freiherrn v. Ossa (f 1642) aufgehängt war, einige der wenigen die in Kirchen noch vorhanden sind, hat
[graphic]
Console der Dominikanerkirche.
ein bekannter Freund von Alterthümern erst vor einigen Jahren in das National museum nach München gebracht.'
Von Denkmalen sind folgende besonders beachtenswerth.
1) Denkmal aus rothem Marmor (1526) des königl. Reichshauptmannes Thomas Fuchs von Schneeberg, welcher bekanntlich mit Luther korrespondirte und mit demselben befreundet war, an einem Pfeiler gegenüber des nördlichen Einganges.
2) Am nächsten Pfeiler westlich das Denkmal des Ritters Jörg Schenck von Neideck, ebenfalls aus einer 10' hohen und 4' breiten Platte von rothem Marmor bestehend. Der Ritter i» ganzer Rüstung, steht mit beiden Füssen auf einem Leithunde. Bekanntlich fand derselbe seinen Tod i. J. 1504 in der Schlacht bei Wenzenbach gegen die Böhmen im Landshuter Erbfolgekriege. Ausser ihm fielen noch mehrere Ritter in dieser Schlacht, die bei den Dominikanern begraben wurden. Im historischen Vereine befindet sich ein Verzeichniss über alle Denkmale und Glasfenster der Dominikanerkirche, welches ein gewisser Hylmaier, ein Goldschmied von Profession, ungefähr um 1560 niederschrieb. Hierin finden wir über diese Schlacht, dass sich im südlichen Seitenschiffe unter 4 Wappen folgende Inschrift fand: „Nach Christi gepurt 15c im 4. Jar an Pfinzstag nach Vnser lieben fraw geburt Do haben die Edlen vnd gestrengen herrn ihr blut vergosse Vnd seyn todt worde in der Schlacht zu Beham (d. h. bei Wenzenbach 12. Sept.), bei der Rom. Kön. May: Maximilian mit Name Hanns v. Weiling (aus Schwaben), Hanns Lochinger (aus Franken), Sigmund von Doweneck und Hanns von Hetzendorf." *) Die 4 Wappen sind in 2 Denkmalen nächst dem südlichen Eingange noch erhalten, die Inschriften hat eine unkundige Hand längst übertüncht. Ritter Georg von Schaumburkh (f 1504;) Peter von Wilhelmsdorff (f 1504), Ernst von Schönberg (f 1504), scheinen ebenfalls in dieser Schlacht gefallen zu sein. Von Thomas von Preysing (f 1504) ist der Todtenschild noch erhalten.
3) Das Grabmal des Lukas Lambrechtshauser zu Salzburg von 1520 ist an der Nordwand; unten liegt der Ritter in voller Rüstung; im obern Theil sehen wir in Rothmarmor eine Madonna mit dem nackten Kinde auf dem Schoosse von Engeln umgeben.
4) Eine Anbetung der heiligen drei Könige in Relief von Stein (circa 1400).
5) Eine Sandsteinplatte von circa 4' im Quadrat, zeigt in elf Feldern das Leiden des Herrn in Relief.
*) In dieser Schlacht fiel auch ein Marschall von Pappenheim, welcher in Wenzenbach begraben ist und dort einen Grabstein hat.
Unter den vielen übrigen Grabsteinen sind besonders jene, welche im östlichen Theile des nördlichen Seitenschiffes liegen, von Interesse, so die Grabmale der Truchsesse von Eckmühl,.der Auer, der Weichser von Traubling; der letzte Sprosse dieses Geschlechtes, Friedrich, wurde 1413 hier begraben.
Von Bildwerken ist eine Mutter Gottes nahe dem südlichen Thore beachtenswerth, welche unter ihrem ausgebreiteten Mantel Personen aus allen Ständen Zuflucht gewährt.
In der Sakristei ist ein Kelch für die Johannes-Minne aus dem 13. Jahrhundert nicht zu übersehen. Die Cuppa besteht aus Cocosnuss und trägt die Unterschrift:
„Trinchd Sent Johans Min
doz ju (euch) bol geling".
b) Der Kreuzgang erhielt im 15. Jahrhundert seine gegenwärtige Gestalt. Er schliesst sich an die Südseite der Kirche an. Dem Charakter derselben entsprechend ist auch er einfacher und kleiner als die Kreuzgänge im Dome oder bei St. Emmeram.
Das Rippenwerk des Gewölbes ist sehr gekünstelt, indem die Rippen einen Wandpfeiler immer zickzackförmig überspringen.. Als Erbauer nennen sich die Meister Thomas Schmuck (1454), Andreas Heuschmechl und Stephan Prueler, laut Inschriften im Gewölbe.
Die Schlusssteine zeigen meistens Wappenschilde hiesiger angesehener Geschlechter oder Innungen. Früher hatten die Fenster gemalte Wappen, wie aus dem oben angeführten Manuscripte zu ersehen ist. Zahlreiche Grabsteine bilden theilweise das Pflaster; auf einem bemerkt man das Wappen der Lyskircher; sie sind meistens sehr abgenützt.
c) An die Westhalle des Kreuzganges lehnt sich die Albertikapelle an. Dieselbe wurde 1604 durch den Weihbischof Albert Ernst Grafen v. Warttemberg zu Ehren des hl. Bischofs Albert des Grossen consecrirt, wobei die vorzüglichsten Reliquien des Heiligen auf dem Altare beigesetzt wurden.
Hier soll die Schule oder der Hörsaal des hl. Albert gewesen sein. Jedenfalls gehört dieser Raum zu den interessantesten in Deutschland, denn hier hat sich ein mittelalterlicher Lehrsaal vollkommen erhalten; er ist viereckig, rings an den Wänden sind Sitzbänke angebracht, deren Rücklehnen eine Krönung zeigen mit durchlaufender Inschrift in lateinischer Sprache. Es sind Sprüche der hl. Schrift und der Canonen, die zum Studium und zur Wachsamkeit wider den "Versucher auffordern. Dem Eingange gegenüber fügt sich der Lehrstuhl des Magisters den Bänken ganz genau ein. Er ist aus Eichenholz gefertigt und besteht aus zwei Theilen, aus einem rückwärtigen höher gelegenen, und dem vorderen, tieferen. Die Rücklehne ist mit Laubornamenten geschmückt, die Brustwehr aber zeigt das Bild des hl. Vincentius Ferrerius, der vom Gerichte predigt. *)
Eine Inschrift an der Mittelsäule der Kapelle besagt, dass der ehrwürdige Pater Johann Herold (um 1400) hier begraben wurde; in demselben Grabe soll auch Heinrich, der Vater des berühmten seligen Heinrich Suso liegen.
*) Siehe seine Abbildung bei Sigharl, Albertus Magnus Tal". II.