16. Die Schottenkirche zu St. Jacob.
Den bewunderten Glanzpunkt der romanischen Bauten Regensburgs bildet die Schottenkirche zu St. Jakob.
Der erste' Schotte oder  Ire, welcher sich hier niedergelassen, war der oben bei Obennünster  erwähnte Mercherdachus. Bald nachher, etwa um 1068, kam Marianus mit seinen Gefährten nach Regensburg; obgleich  er eigentlich nach Rom reisen wollte, so sah er sich doch bewogen, hier  zu bleiben. Die Abtissin W i 1 a von Obermünster räumte ihm das  Kirchlein zu Weih- St. Peter, südlich vor der Stadt gelegen, ein; dort liess er sich nieder und baute ein Kloster. Er und seine Gefährten beschäftigten sich hauptsächlich mit Abschreiben  von Büchern; in der Münchner Bibliothek befindet sich noch ein Codex  aus Niedermünster, den er eigenhändig geschrieben; erst in jüngster Zeit  verschwand sein Gegenstück, welches sich zu St. Jakob noch erhalten  hatte; auch mögen noch manche der alten Codices von Regensburg von  der Hand der schottischen Mönche geschrieben sein. Da jedoch jene  Kirche baufällig und zu klein war, auch das Kloster keinen Platz für die  vielen Mönche mehr gewährte, so schenkten die Burggrafen Otto und  Heinrich von Regensburg den Schotten vor dem westlichen Ende der Stadt i. J. 1009 einen Hof; zahlreiche andere Wohlthäter schlossen sich an, und so wurde 1111 mit dem  Baue der neuen Kirche zu St. Jakob begonnen, welche 1120 von Bischof  Hartwich eingeweiht wurde. Dieser erste Bau war aber weder schön noch  solid; daher sammelte Abt Christian in Irland und Rom, wohin er  pilgerte, neue Gaben, erhielt dort 200 Mark und auch in Regensburg viele Geschenke. Sein Nachfolger, Gregor, konnte nun (1148—1157) den alten eilfertigen Bau abbrechen, mit Ausnahme der Thürme, und einen neuen beginnen. Er war von Hausteinen und mit Blei  gedeckt. Derselbe muss bereits vor 1184 vollendet gewesen sein. Das  Kloster zu WeihSt. Peter blieb dem Kloster St. Jakob unterworfen, bis es  i. J. 1552 durch den kaiserl. Befehlshaber Grafen v. tberstein aus  fortifikatorischen Rücksichten zerstört wurde. Unter Papst Innocenz  wurden die 12 Schottenklöster Deutschlands in eine Congregation vereinigt, und der Abt von St. Jakob zu deren Präses bestimmt. Ihre Regel war die des hl. Benedikt.
Das hiesige Schottenkloster begab sich 1700 ganz unter bayrischen Schutz: i. J. 1718 wurde mit demselben ein Seminar verbunden, zur Heranbildung junger Schotten zu Priestern und Missionären für ihr Vaterland,
Während alle übrigen Schottenklöster nach und nach  eingingen oder säkularisirt wurden, hat sich das Kloster zu St. Jakob  bis in die allerneueste Zeit erhalten, bis es eines natürlichen Todes  starb. Die veränderten religiösen Verhältnisse in der Heimath  ermöglichten es den jungen schottischen Katholiken, sich zu Hause  auszubilden, und dem Kloster dahier mangelten Geistliche und Zöglinge.  Es wurde daher i. J. 1862 durch den Papst säkularisirt und dem Bisthum Regensburg übergeben.  Das Klostergebäude wird nun erweitert und soll in Zukunft das  Klerikalseminar aufnehmen. Leider hat die kostbare Bibliothek noch in  der Neuzeit manche ihrer Schätze verloren, so namentlich ein Gebetbuch  der unglücklichen Königin Maria Stuart, eigenhändige Manuscripte von  Marianus Scotus u. s. w. Ein lebensgrosses Porträt von Maria Stuart hat  sich noch in einem Saale des Klosters erhalten.
Die Kirche ist eine hochstrebende Säulenbasilika mit kassetirter Decke des Mittelschiffes, während die Seitenschiffe Kreuzgewölbe haben; sie schliesst im Osten mit drei Absiden und zwei älteren einfachen Thürmen. Chor und Kreuzschiff, dann die Emporen im Westen sind gewölbt bereits mit späteren  Motiven. Die unverjüngten Rundsäulen haben am Sockel das Eckblatt oder  Thierköpfe, in den Capitälern Gestalten von Vögeln, Ungethümen, Köpfen,  Knöpfen, Trauben, Eichenblättern und Bandverschlingungen.
Der Bau hat zwei Portale.  Während das südliche einfach durch Zickzackbogen gebildet ist, zeichnet  sich das Nordportal vor allen andern jener Zeit durch Bilderreichthum  aus. Das Portal selbst hat auf jeder Seite drei Säulen mit tippigem  Schmucke zwischen Akanthusblättern, Weinlaub, Waizenähren und dem  Patrizblatte wechselnd. Oben sind sie durch Rundbogenstäbe, welche ihr  Gesims bilden, verbunden. Auf diesem ruhen östlich 5 Löwinen und  westlich 5 Löwen, das Tympanon umgebend, in welchem Christus zwischen  den Patronen der Kirche, St. Jacob und St. Johannes dem Täufer, thront.  Oberhalb des Portales sind 13 Figuren, Christus mit den  12 Aposteln, worunter die zwei Kirchenpatronen durch Grösse  hervorragen. Die Apostel sind paarweise, wie sie Christus zur Predigt  des Evangeliums aussendet. Ein grosser Theil der Wand zu beiden Seiten  des Portales ist mit symbolischen Figuren  bedeckt, welche dasselbe zu einem der reichsten und interessantesten  Deutschlands machen. Besonders ist auf die drei Männer mit Tonsur  und Buch hinzuweisen; es sind offenbar schottische Missionäre in  denselben dargestellt. Ueber die Bedeutung des Ganzen ist schon viel  geschrieben worden, ohne dass jedoch eine ganz erschöpfende Auslegung bisher gelungen wäre.^ Soviel steht fest, dass wir hier nicht sinnlose Spielerei des Steinmetzen,
l sondern den Ausdruck eines Gedankens vor uns haben, und zwar ohne Zweifel die Geschichte der Erlösung durch Christus.
Was nun die Erklärung betrifft, so geht die eine Ansicht  dahin, dass hier der Inhalt der christlichen Heilspredigt in  symbolischen Bildern ausgeprägt ist, während andere nur Gestalten der  nordisch-germanischen Mythologie erblicken wollen, durch welche der Sieg  des Christenthums über das Heidenthum dargestellt wird.*)
NB. An der Kirche in Göcking bei Neustadt a. d. Donau, welche dem Schottenkloster in Regensburg gehörte, findet man ähnliche dccorative Bildwerke.
Der nördliche Thurm wurde wegen Baufälligkeit im J. 1867 abgetragen und wieder neu erbaut.
Im Innern der Kirche ist noch besonders die romanische Kreuz gruppe aus dem 12. Jahrhundert auf dem Hochaltare zu beachten.
Beim Nordportale ist ein Mönch mit einem  Riegel in der Hand auf einer Sandsteinplatte abgebildet und so  eingemauert, dass er in liegender Stellung erscheint. Die Sage will  daraus den Sacristan machen, welchen der Tod beim Verschliessen der  Thüre plötzlich ereilte.
Die alten Epithaphien  wurden bei einer Restaur; tion im vorigen Jahrhundert grösstentheils  entfernt, daher meist nur neuere von hervorragenden und gelehrten  Männern des Klosters vorhanden sind.
Besonders beachtenswerth sind an dieser Kirche die  Steinmetzzeicheu, deren in der Regel jeder Quader eines trägt. Sie  gehören zu den ersten Stein metzzeichen in Bayern, und bestehen meist  aus einfachen Buchstaben oder Linien.
Der Kreuzgang, der eben  restaurirt wurde, schliesst sich im Süden an die Kirche an; von dem  alten romanischen Kreuzgange ist ein einziges Gewölbe vor dem südlichen  Kirchenportale erhalten. Hieran schliesst sich die östliche Halle mit gothischen Gewölben, und Wappen in den Schlusssteinen. Die übrigen Hallen sind späteren Ursprungs.
Eine reich  verzierte Säule und andere Fragmente geben noch Zeugniss von der Pracht  des früheren romanischen Baues. Hier hatten die Herrn von Lab er ihr  Begräbniss; noch gibt ihr Wappen östlich am Südportal hievon Zeugniss;  ihre Grabsteine sind verschwunden.
Das Frauenkloster zum bl.  Kreuz ist das einzige*) Kloster im ausserösterreichischen Deutschland,  welches seit seiner Stiftung noch fort
*) Weitere Ausführung dieser Erklärungen siehe bei Jacob a. a. 0. p. 22; — Niedcrmayr, Künstler und Kunstwerke in Regensburg p. 102; — Sigharta. a. 0. pag. 189. — Pan zer, Deutsche Mythologie II. 308. — Quitzmann „die Religion der Baiwaren", p. 208.
**) Das Kloster zu St.  Klara besteht zwar auch noch, allein da die Klostergebäude 1809  verbrannten, musste es übersiedeln und neue Gebäude beziehen.
