Sonntag, 20. Oktober 2013

1869 - Schottenkirche - in Regensburg in seiner Vergangenheit und Gegenwart: mit vielen Holzschnitten ... - Hugo von Walderdorff - Google Books

Regensburg in seiner Vergangenheit und Gegenwart: mit vielen Holzschnitten ... - Hugo von Walderdorff - Google Books 1869 Hugo von Walderdorff

16. Die Schottenkirche zu St. Jacob.
Den bewunderten Glanzpunkt der romanischen Bauten Regensburgs bildet die Schottenkirche zu St. Jakob.
Der erste' Schotte oder Ire, welcher sich hier niedergelassen, war der oben bei Obennünster erwähnte Mercherdachus. Bald nachher, etwa um 1068, kam Marianus mit seinen Gefährten nach Regensburg; obgleich er eigentlich nach Rom reisen wollte, so sah er sich doch bewogen, hier zu bleiben. Die Abtissin W i 1 a von Obermünster räumte ihm das Kirchlein zu Weih- St. Peter, südlich vor der Stadt gelegen, ein; dort liess er sich nieder und baute ein Kloster. Er und seine Gefährten beschäftigten sich hauptsächlich mit Abschreiben von Büchern; in der Münchner Bibliothek befindet sich noch ein Codex aus Niedermünster, den er eigenhändig geschrieben; erst in jüngster Zeit verschwand sein Gegenstück, welches sich zu St. Jakob noch erhalten hatte; auch mögen noch manche der alten Codices von Regensburg von der Hand der schottischen Mönche geschrieben sein. Da jedoch jene Kirche baufällig und zu klein war, auch das Kloster keinen Platz für die vielen Mönche mehr gewährte, so schenkten die Burggrafen Otto und Heinrich von Regensburg den Schotten vor dem westlichen Ende der Stadt i. J. 1009 einen Hof; zahlreiche andere Wohlthäter schlossen sich an, und so wurde 1111 mit dem Baue der neuen Kirche zu St. Jakob begonnen, welche 1120 von Bischof Hartwich eingeweiht wurde. Dieser erste Bau war aber weder schön noch solid; daher sammelte Abt Christian in Irland und Rom, wohin er pilgerte, neue Gaben, erhielt dort 200 Mark und auch in Regensburg viele Geschenke. Sein Nachfolger, Gregor, konnte nun (1148—1157) den alten eilfertigen Bau abbrechen, mit Ausnahme der Thürme, und einen neuen beginnen. Er war von Hausteinen und mit Blei gedeckt. Derselbe muss bereits vor 1184 vollendet gewesen sein. Das Kloster zu WeihSt. Peter blieb dem Kloster St. Jakob unterworfen, bis es i. J. 1552 durch den kaiserl. Befehlshaber Grafen v. tberstein aus fortifikatorischen Rücksichten zerstört wurde. Unter Papst Innocenz wurden die 12 Schottenklöster Deutschlands in eine Congregation vereinigt, und der Abt von St. Jakob zu deren Präses bestimmt. Ihre Regel war die des hl. Benedikt.

Das hiesige Schottenkloster begab sich 1700 ganz unter bayrischen Schutz: i. J. 1718 wurde mit demselben ein Seminar verbunden, zur Heranbildung junger Schotten zu Priestern und Missionären für ihr Vaterland,
Während alle übrigen Schottenklöster nach und nach eingingen oder säkularisirt wurden, hat sich das Kloster zu St. Jakob bis in die allerneueste Zeit erhalten, bis es eines natürlichen Todes starb. Die veränderten religiösen Verhältnisse in der Heimath ermöglichten es den jungen schottischen Katholiken, sich zu Hause auszubilden, und dem Kloster dahier mangelten Geistliche und Zöglinge. Es wurde daher i. J. 1862 durch den Papst säkularisirt und dem Bisthum Regensburg übergeben. Das Klostergebäude wird nun erweitert und soll in Zukunft das Klerikalseminar aufnehmen. Leider hat die kostbare Bibliothek noch in der Neuzeit manche ihrer Schätze verloren, so namentlich ein Gebetbuch der unglücklichen Königin Maria Stuart, eigenhändige Manuscripte von Marianus Scotus u. s. w. Ein lebensgrosses Porträt von Maria Stuart hat sich noch in einem Saale des Klosters erhalten.
Die Kirche ist eine hochstrebende Säulenbasilika mit kassetirter Decke des Mittelschiffes, während die Seitenschiffe Kreuzgewölbe haben; sie schliesst im Osten mit drei Absiden und zwei älteren einfachen Thürmen. Chor und Kreuzschiff, dann die Emporen im Westen sind gewölbt bereits mit späteren Motiven. Die unverjüngten Rundsäulen haben am Sockel das Eckblatt oder Thierköpfe, in den Capitälern Gestalten von Vögeln, Ungethümen, Köpfen, Knöpfen, Trauben, Eichenblättern und Bandverschlingungen.
Der Bau hat zwei Portale. Während das südliche einfach durch Zickzackbogen gebildet ist, zeichnet sich das Nordportal vor allen andern jener Zeit durch Bilderreichthum aus. Das Portal selbst hat auf jeder Seite drei Säulen mit tippigem Schmucke zwischen Akanthusblättern, Weinlaub, Waizenähren und dem Patrizblatte wechselnd. Oben sind sie durch Rundbogenstäbe, welche ihr Gesims bilden, verbunden. Auf diesem ruhen östlich 5 Löwinen und westlich 5 Löwen, das Tympanon umgebend, in welchem Christus zwischen den Patronen der Kirche, St. Jacob und St. Johannes dem Täufer, thront. Oberhalb des Portales sind 13 Figuren, Christus mit den 12 Aposteln, worunter die zwei Kirchenpatronen durch Grösse hervorragen. Die Apostel sind paarweise, wie sie Christus zur Predigt des Evangeliums aussendet. Ein grosser Theil der Wand zu beiden Seiten des Portales ist mit symbolischen Figuren bedeckt, welche dasselbe zu einem der reichsten und interessantesten Deutschlands machen. Besonders ist auf die drei Männer mit Tonsur und Buch hinzuweisen; es sind offenbar schottische Missionäre in denselben dargestellt. Ueber die Bedeutung des Ganzen ist schon viel geschrieben worden, ohne dass jedoch eine ganz erschöpfende Auslegung bisher gelungen wäre.^ Soviel steht fest, dass wir hier nicht sinnlose Spielerei des Steinmetzen,
l sondern den Ausdruck eines Gedankens vor uns haben, und zwar ohne Zweifel die Geschichte der Erlösung durch Christus.
Was nun die Erklärung betrifft, so geht die eine Ansicht dahin, dass hier der Inhalt der christlichen Heilspredigt in symbolischen Bildern ausgeprägt ist, während andere nur Gestalten der nordisch-germanischen Mythologie erblicken wollen, durch welche der Sieg des Christenthums über das Heidenthum dargestellt wird.*)
NB. An der Kirche in Göcking bei Neustadt a. d. Donau, welche dem Schottenkloster in Regensburg gehörte, findet man ähnliche dccorative Bildwerke.
Der nördliche Thurm wurde wegen Baufälligkeit im J. 1867 abgetragen und wieder neu erbaut.
Im Innern der Kirche ist noch besonders die romanische Kreuz gruppe aus dem 12. Jahrhundert auf dem Hochaltare zu beachten.
Beim Nordportale ist ein Mönch mit einem Riegel in der Hand auf einer Sandsteinplatte abgebildet und so eingemauert, dass er in liegender Stellung erscheint. Die Sage will daraus den Sacristan machen, welchen der Tod beim Verschliessen der Thüre plötzlich ereilte.
Die alten Epithaphien wurden bei einer Restaur; tion im vorigen Jahrhundert grösstentheils entfernt, daher meist nur neuere von hervorragenden und gelehrten Männern des Klosters vorhanden sind.
Besonders beachtenswerth sind an dieser Kirche die Steinmetzzeicheu, deren in der Regel jeder Quader eines trägt. Sie gehören zu den ersten Stein metzzeichen in Bayern, und bestehen meist aus einfachen Buchstaben oder Linien.
Der Kreuzgang, der eben restaurirt wurde, schliesst sich im Süden an die Kirche an; von dem alten romanischen Kreuzgange ist ein einziges Gewölbe vor dem südlichen Kirchenportale erhalten. Hieran schliesst sich die östliche Halle mit gothischen Gewölben, und Wappen in den Schlusssteinen. Die übrigen Hallen sind späteren Ursprungs.
Eine reich verzierte Säule und andere Fragmente geben noch Zeugniss von der Pracht des früheren romanischen Baues. Hier hatten die Herrn von Lab er ihr Begräbniss; noch gibt ihr Wappen östlich am Südportal hievon Zeugniss; ihre Grabsteine sind verschwunden.
Das Frauenkloster zum bl. Kreuz ist das einzige*) Kloster im ausserösterreichischen Deutschland, welches seit seiner Stiftung noch fort
*) Weitere Ausführung dieser Erklärungen siehe bei Jacob a. a. 0. p. 22; — Niedcrmayr, Künstler und Kunstwerke in Regensburg p. 102; — Sigharta. a. 0. pag. 189. — Pan zer, Deutsche Mythologie II. 308. — Quitzmann „die Religion der Baiwaren", p. 208.
**) Das Kloster zu St. Klara besteht zwar auch noch, allein da die Klostergebäude 1809 verbrannten, musste es übersiedeln und neue Gebäude beziehen.